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Ist dieses Erbgut beschädigt, so kommen auf die Betroffenen im weiteren Leben aufwendige Kieferoperationen zu. Ein europäisches Forscherteam hat entdeckt, dass einige Defekte sogar unter Verdacht stehen, Krebs auszulösen. Nach dem groß angelegten Vergleich der Genome von 6.000 Menschen wachsen Babys mit bestimmten genetischen Varianten die Zähne später. Auch besitzen sie dadurch im Alter von einem Jahr deutlich weniger Zähne als der Durchschnitt. Die identifizierten Gene spielen zudem eine tragende Rolle bei der Bildung von Gebiss und Gliedmaßen.
Den Rekord unter den Fehlbildungen halten Abweichungen in der Zahnentwicklung: Bei einem Zehntel aller Menschen bereitet die Ausbildung der 32 Kau- und Beißwerkzeuge Probleme. Um deren Ursprung ausfindig zu machen, setzten die finnischen und englischen Forscher an einem bekannten Faktum an: Der Zeitpunkt des Zahnens ist zu 70 Prozent erblich bedingt. In einem Großprojekt erfassten sie statistisch das Zahnen und die Anzahl der Zähne zum Zeitpunkt des ersten Geburtstags von 4564 nordfinnischen und 1518 westenglischen Kindern. Diese frühe Phase der Entwicklung ist entscheidend für die endgültige Ausprägung des Gebisses, schreiben die Wissenschaftler. Zusätzlich wurde das gesamte Genom der über 6.000 Menschen analysiert und über den Zeitraum von der Schwangerschaft bis zum Erreichen des Erwachsenenalters kontrolliert.
Zahn-Gene unterstützen Ausbildung zahlreicher Organe
Bei der Massenuntersuchung sind im Raster der Wissenschaftler fünf Gene hängen geblieben, die für das Zahnwachstum verantwortlich sind. Und weil Genvarianten einen Teil des Risikos für Erkrankungen tragen, spürten die Forscher auch gleich den möglichen Auswirkungen dieser Defekte nach: Eine der Genvarianten erhöht beispielsweise das Risiko um 35 Prozent, dass der Betroffene im Alter von 30 Jahren eine kieferorthopädische Behandlung auf sich nehmen muss. Zu noch dramatischeren Konsequenzen führen Defekte bei vier der "Zahn-Gene": Sie stehen unter dem Verdacht, Krebs auszulösen. Die Zahnentwicklung ist nämlich kein isoliertes Ereignis, sondern folgt den Pfaden des frühen Wachstums von Gliedmaßen und Organen. So unterstützen die fünf Zahn-Gene beispielsweise auch die Ausbildung des Kiefers, der Ohren, Finger und Zehen sowie des Herzens.
Der nun offengelegte Einfluss des Erbguts auf das Zahnwachstum wird nach Meinung von Studienleiter Marjo-Riitta Jarvelin vom Imperial College London neue Wege öffnen in der frühzeitigen Behandlung von Zahn- und Gebissproblemen, auch werde sich die Vorsorge verbessern lassen. "Kennen wir die bestimmenden genetischen und umweltbedingten Faktoren für die menschliche Entwicklung, so erweitert das auch unser Verständnis für das Entstehen von Erkrankungen, an denen wir im späteren Leben leiden", erklärt Jarvelin. "Wir hoffen außerdem, dass wir auf dieser Basis genauer beurteilen können, warum das Wachstum des Fötus ein so wichtiger Umstand in der Entwicklung vieler chronischer Krankheiten zu sein scheint."
Demetris Pillas (Imperial College London) et al.: PLoS Genetics / ddp; wissenschaft.de, Rodus Rademacher
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